Nach dem
Schritt hinunter von der Waage murmelte ich ein stilles „Hurra“ und kratzte
mich gleichzeitig am Kopf. Über zwei Kilo, was war denn da los? Die Antwort gab‘
ich mir gleich selbst: Das Wasser. Schon tagsüber musste ich meine Tätigkeiten
öfters unterbrechen als sonst, aber abends dann fiel es mir schon schwer, den
Filmteil zwischen zwei Werbepausen zu verfolgen. Gut, das war vielleicht etwas
übertrieben, aber alle Dreiviertelstunde war’s soweit. Gut zwei Liter
Flüssigkeit plus Kaffee plus Protein-Ernährung zeigten Wirkung. Das soll es
aber nun auch diesbezüglich gewesen sein…
Das
Frühstück fiel etwas magerer aus als vorgestern – denn den Pfannkuchen wollte
ich mir diesmal als kleine Beilage für den Hackbraten aufsparen. Also nur ein
Schüsselchen 0,1er-Joghurt mit Zitrone und Süßstoff und zwei Scheibchen
Schinken. Das hat insgesamt nicht ganz so gut gesättigt, aber bis viertel vor
eins ließ es sich aushalten, ohne dass ich selbst am eigenen Hungerast sägen musste.
Ein regelmäßiger Schluck aus der Mineralwasserflasche half zusätzlich. Das
Mittagessen sorgte hingegen im weiteren Tagesverlauf für eine Überraschung:
Zwei Scheiben (nicht zu dünn!!!) Thymian-Hackbraten und der Pfannkuchen,
bestrichen mit Frischkäse, Salz und Pfeffer, waren genug, um bis zum Abendessen
ohne Hungergefühl durchzukommen. War auch gut so, denn die Stunden nach dem
Mittagessen gestalteten sich mehr als abwechslungsreich und energiezehrend.
Was hat es
nun mit dem Polizeieinsatz auf sich? Habe ich einen verursacht? Oder darum
gebeten? Bin zufällig reingeraten? Wenn überhaupt, dann letzteres! Gewisse
Vorräte im Kühlschrank neigten sich ihrem jähen Ende zu und machten einen
kleinen Einkauf nötig. Der war sogar geplant, denn mit dem Fahrrad auf dem Weg
zum Supermarkt konnte ich mein tägliches Bewegungspensum abspulen. Vorher
gönnte ich mir einen kleinen Abstecher
zu einer nahegelegenen Stallanlage, um mich dort nach einer Box zu erkundigen, in der unser Rentnerpferd
vielleicht ein neues Zuhause finden könnte. Zumindest hatte ich das so geplant.
Ich radelte die Stichstraße zu den Stallungen entlang, als ich feststellte – es
war nicht zu überhören – dass über mir ein Polizeihubschrauber seine Runden
drehte. „Die suchen wen“, dachte ich mir und fuhr weiter in einen schmalen
Feldweg hinein. Entlang an Wiesen mit Nussbäumen, unter denen ein paar wirklich
schön anzusehende Pferde Schutz vor der Sonne suchten. Einige andere grasten
die Weide ab, der Rest döste in der Wärme. Ich blickte zu einem kleinen Sandplatz,
auf dem diverse Sprunghindernisse aufgebaut waren und hinter dem ein teilweise
mit Holz verkleidetes Wohnhaus und ein Stallgebäude standen. Es fehlte noch die
Ruhe der Natur, die dieses Bild zu einem Idyll hätte werden lassen können. Aber
die Polizei kreiste weiter und kam sogar immer näher. Egal wen ihr sucht, ich
bin’s nicht
Ich radelte
also zurück und fuhr eine Querstraße weiter auf das Gelände des Hofes, in der
Hoffnung, dort jemanden zu finden, der mir das Gelände und den Stall zeigt. Der
Helikopter schwebte nun direkt über mir, wahrscheinlich, weil ein paar Bäume
die direkte Sicht auf mich verdeckten. Gerade als ich mein Fahrrad an einen
Zaun anschloss, bahnte sich durch den Krach eine Frauenstimme den Weg an mein
Ohr. „Gilt das ihnen“, herrschte mich eine kleine Mittvierzigerin an. Sie musterte
mich forsch und zeigte in die Luft. „Nein, nein, die suchen wohl irgendeinen
Verbrecher. Im Gegensatz zu mir, ich suche eine Box für mein Pferd“, entgegnete
ich freundlich. Die Frau muss wirklich gedacht haben, dass da ein polizeilich
gesuchter Bösewicht auf ihren Hof gefahren ist. Ich sah ja auch etwas
abgerissen aus mit meiner recht getragen aussehenden Kleidung und dem
Fünftagebart. Dann entspann sich folgender Dialog:
„Was haben
sie denn hier zu suchen? Wir vermieten nichts, wir sind ein Privatstall“, entgegnete
sie mir, weiterhin im harrschen Kasernenhofton.
„Das wusste
ich nicht, tut mir leid, ich dachte vielleicht, es ist eine Box frei.“
„Haben sie
da draußen irgendwas gelesen, dass wir Boxen vermieten?“
„Das nicht,
aber ich dachte mir, da das hier ja ein Stall ist, dass sie vielleicht einen Platz
für mein Pferd haben.“
„Das hier
ist Privatgelände, sie können doch nicht einfach hier auf den Hof kommen, ich
gehe doch auch nicht auf ihr Gelände!“
Der
Polizeihubschrauber kreiste inzwischen nicht mehr direkt über uns sondern
suchte eine nahegelegene, frischgemähte Wiese ab.
„Das ist
eine Frechheit!“ Inzwischen näherte sich eine weitere, jüngere Frau in
Gebrauchs-Stallkluft und lauschte aus vermeintlich sicherer Entfernung. Mir
reichte es inzwischen und ich fragte die Ältere bestimmt: „Warum sind sie denn
so unfreundlich?“ Eine Sekunde lang schaute sie mich entgeistert an und fuhr
dann unbeirrt meckernd fort:
„Sie kommen
hier einfach auf den Hof, das gibt’s doch wohl nicht. Das ist Privatgelände!“
Diesen Umstand hatte ich nun wirklich verstanden und sagte: „Wenn sie nicht
wollen, dass jemand ihr Grundstück betritt, dann müssen sie da vorne ein Tor
einbauen.“
Wieder sah
sie mich kurz an und gab mir abermals zu verstehen, dass sie doch auch nicht einfach
auf mein Grundstück gehen würde. „Könne sie mir dann sagen, wo hier der nächste
Stall ist?“ „Da oben“, sagte sie knapp und zeigte in die Richtung. „Und jetzt
verschwinden sie!“ Das werde ich, dachte ich mir, aber nicht, ohne ihr noch
einen einzuschenken. „Halten sie mich etwa für einen Gangster, den die Polizei mit
dem Hubschrauber sucht?“ Sie schwieg. „Keine Sorge, ich lasse sie am leben.“
Kurz blickte ich zu der zweiten Frau. „Alle beide.“ Stieg auf mein Rad und fuhr
davon.
Eine knappe
Viertelstunde dauerte der Weg zum Supermarkt, während der ich meistens vor mich
hin grinste und mich fragte, ob die wirklich dachte, dass ich ein böser Bube
bin und deshalb so unfreundlich war. Ich glaube halt immer noch an den guten
Kern in jedem Menschen. Ein Gespräch später am Nachmittag mit einem
befreundeten Nachbarn brachte Aufklärung. Nein, meinte er, die Dame hätte mich
sicher auch ohne Polizeihubschrauber angemeckert, das läge in ihrem
Naturell. Von mir aus.
Das
Abendessen bestand übrigens aus einer Hähnchenpfanne aus der Tiefkühltruhe, von
deren Bestandteilen wir die krosse, lecker duftende Haut schweren Herzens
entfernten und den Rest mit dem verbliebenen Genuss aufaßen. Dazu reichlich
Wasser – das Fahrradfahren war eine schweißtreibende und humorfördernde Angelegenheit
– und etwas Joghurt zum Nachtisch. Ich werde wohl noch ein Fan dieser weißen
Masse. Und der Gang heute Morgen auf die Waage zeigte: 102,4 Kilogramm. Yes!
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