Humoriges, Lesenswertes, Stoffeliges. Von weltbewegend bis "China, Sack Reis". Viel Spaß beim Lesen und dem Tag noch einen fairen Verlauf.

Dienstag, 14. Februar 2012

Die große Koalition der Ausgelassenheit


Mir hat mal jemand verraten, dass sich Politiker gerne vor der Kamera in Talkshows bekriegen, um hinterher gemeinsam ein Bier zu trinken, gerne auch mal eins mehr. Das muss man sich mal vorstellen: Rot, Grün, Schwarz und Gelb stehen gemeinsam am Tresen. Fröhlich, über Gott und die Welt redend, später leicht grölend, noch später sogar lallend. Gemeinsam schauen die männlichen Vertreter einer weiteren Roten oder neuerdings auch einer Piratin hinterher. Dabei denken sie Schmutziges, sprechen es vielleicht sogar aus. Sollte jemand auf den Gedanken kommen, es handele sich beim nun Folgenden um den Blick hinter die Kulissen einer Polit-Talkshow: Mitnichten. 

Es ist nur Rosenmontag. Dann stehen die Farben nicht für eine politische Gesinnung sondern schlicht für ein Kostüm. Indianer, Chinese, Marsmensch, afrikanischer Stammeshäuptling, Pirat. Es herrscht die ganz große Koalition der Ausgelassenheit. Und einer macht mit Ballon-Häkelmütze, Rasta-Zöpfen und Batikshirt gleich die Jamaika-Koalition.  Und die Chinesin verhandelt mit dem Indianerhäuptling über eine gänzlich unpolitische Kiste. Kopulieren statt koalieren.  Multikulti in karnevalistischer R(h)einkultur. 

Stadtoberhäupter müssen in den kommenden Tagen reihenweise die Schlüssel zum Rathaus abgegeben und sind zum Stillschweigen verdonnert. Ein donnerndes „Hellau“, mehr will das vergnügungssüchtige Volk nicht hören, und mehr bekommt es auch nicht. Der Stammeshäuptling sagt mit einem „Ahugagahuga“ mehr über die Lage der Nation aus, als sämtliche kommunale Parlamentsredner zusammen. Die reihen sich brav in die Fastnachtszüge und ernstbefreite Narretei ein. Weil sie müssen, das bringt das Amt so mit sich. 

Besonders schön: Gegenteilige Meinungen gibt es kaum, Diskussionsbedarf höchstens über den Grad des Durstes und die einzige Wahl ist die Getränkewahl.  Sicher, der Humor bewegt sich oft auf der Ebene solcher Kalauer, aber das Leben ist doch schon kompliziert genug. Ein paar Tage lang trennt sich die Spreu vom Weizen, bleiben Nicht-Fastnachter daheim bis Aschermittwoch. Höchstens der Pastor fleht in seiner Sonntagspredigt von der Kanzel, das närrische Treiben doch bitte nicht zu übertreiben. Sekündchen, Herr Pfarrer, auch Sie sind erst wieder am Mittwoch dran.

Bis dahin führt die parlamentarische Faschings-Monarchie erst die Umzüge, dann das Volk an. Der Elferrat hat das Sagen, flankiert vom Prinzenpaar, und die Bonbons fliegen tief. Brot und Spiele, das hat schon im alten Rom funktioniert und das nimmt man auch in diesen Zeiten gerne mit.